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Vorfahren unserer Atemregler
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Tauchen gab's immer, ...
- schon in der Urgesellschaft zur direkten Nahrungsbeschaffung
(Fische, Muscheln, ...),
- zum indirekten Broterwerb (Schwämme, Korallen, Perlen, ...),
- für den Krieg,
- zur Hebung gesunkener Schiffe und Waren,
- für Arbeiten unter Wasser an Schiffen, Hafenanlagen, Staudämmen, ...
- für Forschung, Wissenschaft und Erkundung und
- für Sport und Vergnügen. |
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Mit der Entwicklung der Produktivkräfte wuchsen wie bei Seefahrt und
Flugwesen auch beim Tauchen die Hilfsmittel zum Eindringen und Überleben im eigentlich
dem Menschen fremden Element.
Man fand Mittel wie Tauchglocken, U-Boote, Taucherhelme und schwere Tauchanzüge mit
schlauchgebundener Luftversorgung, um immer größere Tiefen erreichen und immer länger
dort bleiben und arbeiten zu können.
Der Umschlag in eine neue Qualität, die den Fischen ähnliche freie Beweglichkeit,
erfolgte aber erst mit dem Bau autonomer Luftversorgungen, was
schließlich zum freien Schwimmtauchen führte.
Die Entwicklungsschritte dazu zogen sich immerhin über reichlich 100 Jahre hin, von etwa
1830 bis um 1945, begünstigt durch kriegerische Aufrüstung (Europa vor dem 1. Weltkrieg)
und wieder gehemmt durch wirtschaftlichen Einbruch nach verlorenem Krieg
(Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren). |
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Die interessante Entwicklung des von der Oberfläche unabhängigen
Tauchgerätes (SCUBA) hat Modellcharakter für viele andere Erfindungen der technischen
Revolution:
- Erfinder arbeiteten an fast identischen Apparaten, ohne voneinander zu wissen
(Rouquayrol weiß nichts von Condert, Fleuss wahrscheinlich nichts von Schwann usw.), weil
es kaum technische Kommunikation zwischen den Ländern (außer über das noch wenig
entwickelte Patentwesen) und zwischen Disziplinen (hier Medizin und Technik) gab.
- Geniale Einzellösungen gehen wieder verloren, weil der Gesamtkomplex noch Lücken
aufweist (bedarfsgesteuerter Regler von Condert gerät wieder in Vergessenheit, weil
Atemluftbehälter und Kompressoren noch fehlen). |
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- Wenn dann alles zusammenkommt, verbreitet sich eine neue Lösung, die in
die Gesamtentwicklung passt, lawinenartig, obwohl die meisten felsenfest an die alte
Technik glauben (O2-Rebreather <--> Pressluftgeräte, Helmtaucher <-->
Schwimmtaucher), (Produktion von La Spirotechnique explodierte förmlich, Händler hielten
den USA-Bedarf aber mit dem Import von 10 Stück CG45 für abgesättigt).
- Scheinbar zum Gegenstand völlig zusammenhanglose Entwicklungen nehmen plötzlich
unvorgesehenen positiven/negativen Einfluss (Einführung des bezahlten Urlaubs in einigen
europäischen Ländern in den 30er Jahren förderte erheblich die Entwicklung des
Sporttauchens und damit den Absatz).
Ich will mich hier auf die Luftversorgung beim autonomen Schwimmtauchen
konzentrieren und dabei nur die Entwicklung von Presslufttauchgeräten
und O2-Kreislauffgeräten in ihrer Basisentwicklung ansehen. Viele andere
Gerätschaften und Hilfsmittel stehen damit natürlich in Zusammenhang. |
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Was braucht man denn eigentlich alles
zum autonomen Gerätetauchen?
- autonome Luftversorgung, bestehend aus
bedarfsgesteuertem Regler und Vorratsbehälter
(Gasflasche) mit Füllmöglichkeit (Kompressor),
Letztere wurden erst in den 1920er Jahren für technische Gase in der Industrie zur
Perfektion gebracht.
- Tauchmaske
aus der schon in der Antike verwendeten Schwimmbrille aus dünn geschliffenem
Schildpatt abgeleitet,
in 30er Jahren Gummibrille ohne Naseneinschluss mit Glasscheiben (Gilpatric),
aus Vollgesichtsmaske Tauchmaske mit Naseneinschluss abgeleitet,
- Schwimmflossen, um vom Laufen auf dem Grund (Helmtaucher) wegzukommen
und
die Hände frei zu haben für's Arbeiten, Fotografieren,...
- Kälteschutz, nachdem der schwere Tauchanzug entfallen war, unter dem
man sich warm anziehen konnte,
um es länger in größeren Tiefen aushalten zu können,
- Tarierhilfen, um sich ungezwungener in unterschiedlichen Tiefen
aufhalten und arbeiten zu können und
- Wissen zur Dekompression, um das Tauchen in größere Tiefen auch zu
überleben. |
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Nachdem bei Helmtauchern und Sauerstoff-Atmern in erster Linie Engländer
(Siebe & Gorman,...) und Deutsche (Dräger,...) den technischen
Fortschritt vorantrieben, hatten bei den autonomen Tauchgeräten mit Luft die Franzosen
die Nase vorn.
Sie hören es deshalb garnicht gern, dass eigentlich schon 1831 der Amerikaner Condert
(links) die Sache erfunden und praktisch erprobt hatte (und dann auch nochmal 1867 der
Amerikaner McKeen, rechtes Bild).
Weil Luftbehälter mit genügendem Druck da aber noch nicht zur Verfügung standen und
Condert außerdem bei der weiteren Erprobung tödlich verunglückte, gerieten er und seine
Erfindung des bedarfsgesteuerten Reglers in Vergessenheit (über McKeen ist außer dem
Patent auch nichts weiter bekannt). |
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Nicht viel besser ging es erstaunlicherweise dann dem Franzosen Benoît
Rouquayrol, der zunächst einen Pressluftatmer mit bedarfsgesteuerter Reglung als
Grubenretter erfand und den dann gemeinsam mit Kapitänleutnant Auguste Denayrouze
zum autonomen Tauchgerät weiterentwickelte. Diese Arbeit wird zwar anerkannt, und die
französische Marine verwendete bis 1924 auch solche Geräte. Im Bereich der industriellen
Berufstaucherei setzte sich aber das oberflächenversorgte Helmtauchgerät durch. Dort
konnte über Telefon mit der Oberfläche kommuniziert werden, und der geringe Luftvorrat
(Behälter mit maximal 40bar) und der fehlende Kälteschutz beschränkten die
Einsetzbarkeit des autonomen Atmers doch erheblich. Dieser Zweig bricht also einfach ab
und gerät in Vergessenheit.
Als nämlich der französische Marineoffizier Yves Paul Gaston Le Prieur 1925 ein
Presslufttauchgerät vorstellte, arbeitete dieses zunächst mit konstantem Fluss
(überflüssige Luft strömte einfach ab) und später mit einem manuellen Stellventil, um
Luft zu sparen. Alle schon mehrfach erfundene Bedarfsreglung blieb unbeachtet oder
unbekannt, sehr erstaunlich. Ab 1935 tauchte die französische Marine auch mit
Le-Prieur-Geräten. |
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Erst 1937 stellte wiederum ein Franzose, Georges Commeinhes, ein
Pressluftgerät mit bedarfsgesteuertem Regler vor, mit dem er 1943 bis auf 53m tauchte,
und das ebenfalls von der französischen Marine eingesetzt wurde.
Der Erfinder kam aber im II. Weltkrieg um, sein Gerät wurde darum nicht weiterentwickelt.
Obwohl Rüstung und Krieg sonst adäquate technische Entwicklungen beschleunigen, leidet
diese Sparte also zunächst unter den herrschenden Verhältnissen.
Aber das fand ja auch in Frankreich statt, das überwiegend von den Deutschen okkupiert
war. Und die Deutschen waren auch mehr an O2-Rebreathern interessiert.
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Aber dann kreuzten sich endlich zwei Parallelen und es kam das längst überfällige
Ergebnis zustande, ein bedarfsgesteuerter Regler, der CG45, der mit leichten
Hochdruckbehältern verbunden und mit Tauchmaske und Flossen kombiniert werden konnte! Das
unabhängige Schwimmtauchen war möglich!
Die eine Linie, der menschliche (subjektive) Faktor, ist, dass sich der
französische Marineoffizier Jaques Yves Cousteau schon seit Jahren für das
freie Tauchen interessiert und, allerdings erfolglos, versucht hat, mit
Sauerstoff-Geräten zu tauchen.
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Nach der Selbstversenkung der französischen Flotte 1942 vor Toulon haben er und seine
Freunde nichts Rechtes mehr zu tun und beschäftigen sich wieder mit Tauchgeräten.
Entscheidender Zufall ist, dass Cousteau mit der Tochter eines Direktors der
französischen Gesellschaft Air Liquide, Simone Melchior, verheiratet ist. Dieses
große Unternehmen vertreibt schon seit Jahren industrielle Gase und entwickelt notwendige
Gerätschaften dazu. Da die Deutschen in diesem Jahr 1943 tief in der russischen Klemme
stecken, pressen sie u.a. jeden Tropfen Treibstoff aus den okkupierten Ländern, für
deren Wirtschaft oder gar den privaten Bedarf nichts übrigbleibt.
Also, hier die zweite Linie, der objektive Faktor, müssen
Ausweichlösungen her, und Erfindergeist ist gefragt. Bei Air Liquide werden so Systeme
entwickelt, um mit Gasen (z.B. auch Holzvergasern) Fahrzeuge anzutreiben. |
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Daran arbeitet auch Emile Gagnan bei Air Liquide, der Cousteaus
Schwiegervater, einem der Direktoren dieser Firma, einfällt, als sie sich über mögliche
Tauchgeräte unterhalten. Er bringt den spiritus rector, Macher und Tester Cousteau und
den soliden und übergreifend denkfähigen Entwicklungsingenieur Gagnan zusammen. |
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Gagnan hat einen zweistufigen Regler für das Holzvergaser-System entwickelt, der sich
prinzipiell auch für ein Tauchgerät eignet. Diese initiale Erkenntnis ist die erste
Glanzleistung Gagnans in diesem Gebiet. Das Ergebnis ist nach vielen Tests der 1945
patentierte CG45, ein zweistufiger Kompaktregler für Tauchgeräte.
Die Air Liquide steht voll hinter dieser Entwicklung und gründet eigens ein
Tochterunternehmen, La Spirotechnique, um künftig solche Geräte zu
produzieren. |
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Hier wurden also nicht die Erfindungen Rouquayrols oder Commeinhes
verfeinert und tauglicher gemacht, wie das öfter zu lesen ist. Hier wurde ein schon
länger verwendetes technisches Prinzip aus dem Maschinenbau, der Gasregler, für das
Atemgerät modifiziert, so dass man wohl von einer Neuerfindung sprechen kann.
Dem Gasone, einem ersten Versuch noch ohne Ausatemschlauch, und anderen Prototypen (Bilder
rechts) und selbst dem CG45-Reglerblock sieht man die Herkunft vom industriellen Gasregler
deutlich an. Es ist ein zweistufiger Regler, der unabhängig vom Druck im
Holzvergaser-Kessel dem Otto-Motor gleichmäßigen Gasdruck bei wechselndem Bedarf bieten
soll. |
Das ist mit anderem Gas genau
das, was auch der Taucher bei abnehmendem Flaschendruck, in wechselnder Tiefe und bei
unterschiedlicher Belastung/Luftbedarf braucht. Nach einigen Experimenten mit der Lage des
Reglers zur Lunge und des Ausatemventils, vor allem durch Cousteaus Truppe, ist die
taugliche und bezahlbare Lösung für den Schwimmtaucher gefunden, und die industrielle
Produktion des ersten Tauchreglers läuft an und wird Startpunkt einer Erfolgsgeschichte
bei La Spirotechnique. Es werden tausende dieser Regler gebaut, in Europa und in Übersee.
Neben der explosionsartigen Entwicklung des Sporttauchens und mit der Entwicklung weiterer
Komponenten wie Wärmeschutz, Tarierhilfen, Fototechnik,... werden völlig neue Bereich
durch die leichten unabhängigen Taucher erschlossen, und auch das professionelle Tauchen
verändert sich. Nach für heutige Verhältnisse erstaunlich langer Zeit folgt 1958 von
La Spirotechnique und wieder von Gagnan konstruiert ein wirklich geniales Teil dem CG45
und seinen Derivaten, der einstufige Regler Mistral, der aus so wenigen
Teilen besteht und so gut Luft gibt, das er als Meisterstück gelobt werden muss.
Der Mistral lebt von dem Venturi-System, das durch das Anatmen gestartet wird, dann einen
fast freien Luftstrom erzeugt, der erst durch den Rückstoß beim Beginn des Ausatmens
gestoppt wird. Dieses Prinzip bekam Gagnan schon 1955 patentiert, was anderen Entwicklern
das Leben etwas schwer machte. Es wurde von USD und La Spirotechnique auch in weiteren
Reglern eingesetzt, u.a. im JetAir, dem Mistral DW und dem Royal Mistral.
Gagnan reichte das aber nicht. Er wollte unbedingt die tiefenunabhängige
Luftlieferleistung des zweistufigen Automaten mit dem geringen Atemwiderstand des
Venturi-Systems im einstufigen Regler verbinden....
Wie's weiter ging, haben wir in Artikeln für die TauchHistorie und Tauchgeschichte
spezial geschrieben:
CG45 und Mistral - DIE
Initiatoren für das Sporttauchen
The Siebe
Gorman Mistrals, Bop Campbell
Voit: Nelsons
Choice - Double hose regulators, Ed Larochelle
Tauchtechnik von MEDI Leipzig
eine (ost)deutsche Geschichte
Saturn - die
Zweischlauch-Legende aus der CSSR, Dusan Surani
Wenn Ihr das alles gelesen habt, wisst Ihr über 2-Schlauchregler schon eine ganze
Menge.
Für weiter Interessierte gibt's hier alle Artikel von TH
und TGS zum Aussuchen.
Die Zweischlauchregler wurden dann ja von den Einschläuchigen vom Markt verdrängt.
Aber ein besonders guter Zweischläucher wurde in neuester Zeit nochmal entwickelt und
produziert, der Mentor:
Der Mentor - Endpunkt der
Aqualung-Zweischlauch-Ära
Und es soll auch nicht verschwiegen werden, dass man eine guten 2-Schlauchregler,
modern entwickelt und produziert auch noch bis vor kurzem kaufen konnte, den Argonaut Kraken.
Das zeigt, dass es heute auch noch interessant und sinnvoll sein kann, mit einem
2-Schlauch-Regler zu tauchen. Wie das gut geht, zeigen die beiden Artikel:
Mein Gott, ich liebe es, mit
meinem DAAM zu tauchen! Stephane Eyme
Heute mit alten
Kompaktreglern tauchen?
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